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Auswahl der Bienenrasse

Für welche Bienenrasse soll ich mich entscheiden?

Um die Bienenrassen, die in einer Region von Imkern gehalten werden, wird seit der Einführung neuer Rassen (inkl. der Wiedereinführung alter Rassen) in die ursprünglich fast ausschließlich „Carnica“ dominierten Regionen in D-A-CH ein recht erbitterter Kampf geführt, wobei die Seiten jeweils nachvollziehbare Argumente haben, die sich jedoch nich, bzw. nur sehr schwer unter einen Hut bringen lassen. Deshalb ist die Entscheidung für die eigene Bienenrasse nicht trivial und ist auch nicht so frei, wie man im ersten Moment evtl. denkt.

Ein sehr gutes Video zu den unterschiedlichen Meinungen zu Buckfast und Carnica (den beiden Hauptrassen für Honigbienen in D-A-CH), sowie zu den Befürchtungen, dass durch unterschiedliche Bienenrasse in einer Region jahrzehntelange Zuchterfolge zerstört werden „Bienenkunde: Welche Züchtung ist die Beste?„(BR, Dauer 6:41 min):

Aber welche Honigbienen -Rassen spielen in D-A-CH eine Rolle und was sind Ihre Eigenschaften? Dazu zuerst einmal die Übersicht in der Reihenfolge ihrer Bedeutung in D-A-CH aus der Wikipedia:

Eine sehr gute Übersicht der Bienenrassen, inkl. verschiedener Aspekte, die für die eigene Auswahl eine Rolle spielen, findet sich auch unter:

Insgesamt gilt aber, dass ein zukünftiger Wechsel der Bienenrasse einfacher möglich ist, als eine Umstellung auf ein neues Beutensystem.

Für und Wider (persönliche Meinung mit kritischen Betrachtungen, Dirk Liesch):

Wenn ich nach meinen bisherigen Erfahrungen frei wählen könnte und auf keine anderen Imker in der Region Rücksicht nehmen müsste, würde ich mich für die „Ligustica“ entscheiden, die ich zufällig durch Standbegattung (F2) in einem Volk erleben durfte. Es war ein Traum an Friedfertigkeit, Schwarmträgheit und Sammelfleiß bei großer Volksstärke.

ABER

Ich  hatte in den letzten Jahren auch schon mehrere wirklich üble „Stechervölker“ aus den Standbegattungen meiner Carnica, da es hier im Umkreis auch etliche Imker mit anderen Bienenrassen gibt. Solche Stechervölker möchte wirklich kein Imker haben und damit wäre auch in einigen Jahren die Stadtimkerei tot, welche besonders auf sanftmütige Völker für die Akzeptanz in den Wohngebieten angewiesen ist.  Ich kann mich also der realistischen Befürchtung der Imker anschließen, dass die Mischung der Bienenrassen im gleichen Gebiet, zukünftig eine Imkerei mit Standbegattung unter Erhalt der eigenen Rasse unmöglich macht. Da diese Stechervölker offensichtlich auch sehr vital sind, würde diese Art der Imkerei (Standbegattung und unterschiedliche Rassen im gleichen Gebiet) zu deutlich agressiveren „Mischrassen“ führen. Die Zuchterfolge vieler Jahrzehnte, innerhalb der einzelnen Rassen, wären in wenigen Jahren dahin. Die Akzeptanz für Stadtimkerei würde aufgrund der deutlich höheren Stechlust mittelfristig sinken. Im Zusammenspiel mit weniger Honigertrag dieser Mischvölker, würde das Interesse an Imkerei wieder abnehmen und damit die Anzahl der Honigbienenvölker deutlich zurückgehen. Hier besteht die Gefahr einer negativen Spirale. Die Lösungsoption: Man kauft die Königinnen seiner Rasse zukünftig immer von einem Züchter, der in einem funktionierenden „Sperrgebiet“ züchtet, oder mit künstlich besamten Königinnen oder geht grundsätzlich mit all seinen Königinnen auf funktionierende Belegstellen“. Das ist aber nicht „naturnah“. Eine naturnahe Bienenhaltung, wozu für mich die Möglichkeit einer langfristigen „Standbegattung“ gehört, ist meiner Einschätzung nach nur nachhaltig und langfristig realistisch, wenn es in den jeweiligen Gebieten nur jeweils eine Honigbienenrasse gibt. Entscheidet man sich für eine anderer Rasse, als die Imker seiner Region, nimmt man all diesen Imkern damit die Möglichkeit, mit ihrer Rasse über Begattung am eigenen Stand  weiterzuimkern. Darüber können diese zu Recht sauer sein.  Jemand Anderes macht Ihnen ihre Arbeit (teilweise jahrzehntelange Selektion auf Friedfertigkeit ihrer Bienen)  und ihr Hobby kaputt.
Die „Buckfast“-Zucht lebt zwar vom Einkreuzen anderer Rassen, aber ganz gezielt und mit strenger Selektion. Das ist für Hobbyimker mit „wilder“ Standbegattung und wenigen Völkern nicht machbar.

Andererseit:

Es ist natürlich nicht gut, wenn es in ganz Europa nur eine Bienenrasse gäbe (ist ja auch nicht so), denn wir brauchen die biologische Vielfalt. Aus dieser Sicht machen viele unterschiedliche Honigbienenrassen Sinn. Aber diese sind früher auch natürlich in größeren Regionen homogen entstanden und waren nicht auf „engem Raum“ vermischt. Viele unterschiedliche Bienenrassen in einem engen Gebiet ist also nicht natürlich und auch nicht naturnah. Es würde also sicherlich Sinn machen, wenn sich jeweils möglichst große Gebiete (z.B. Bundesländer) auf jeweils eine Honigbienenrasse festlegen. Das würde auch naturnahe Bienenhaltung in diesen Regionen ermöglichen (mit Vermischungen an den Grenzen natürlich). Die unterschiedlichen Honigbienen-Rassen würden auch bei Standbegattung erhalten bleiben und könnten sich weiterentwickeln.

ABER

Sollte in Zeiten unserer individualisierten Gesellschaft sich nicht Jeder selbst verwirklichen können und die Bienenrasse halten, die er/sie am besten findet oder auch einfach mal mit anderen Rassen experimentieren?  Geschieht das nicht schon seit etlichen Jahren und ist nicht mehr aufzuhalten, also „alternativlos“? Wenn es nicht mehr aufzuhalten ist und ich die Königinnen meiner „Wunschrasse“ nur noch über Belegstellen vermehren und über Züchter erhalten kann, dann kann ich auch die Rasse wählen, die ICH am besten finde. Standbegattung ist dann nicht mehr sinnvoll möglich. Dann sind die Zeiten von „Hochzeitsflügen“ am eigenen Stand sowiso vorbei, wenn ich zukünftig friedliche Völker haben möchte.
Wenn das die Zukunft ist (derzeit das wohl wahrscheinlichste Szenario), dann müssen Bundesländer „nur“ sichere (was unmöglich ist)  Sperrbezirke für Belegstellen festlegen, über die die Rassen erhalten werden können. Der Umfang der künstlichen Besamung von Königinnen wird damit ebenfalls deutlich zunehmen. Dies ist dann ein Ergebnis, was die Vermischung der Rassen in einem Gebiet im Zusammenspiel mit der „naturnahen Bienenhaltung“ mit sich bringt. Naturnahe Bienenhaltung in einem Gebiet mit einer Honigbienenrasse ist kein Problem für die anderen Imker, in einem Gebiet mit vielen unterschiedlichen Rassen schon.

Meine Empfehlung für die Auswahl der Bienenrasse ist:

Die Bienenrasse wählen, die in der eigenen Region am verbreitetsten ist und wo es im Umkreis auch die meisten Züchter und Belegstellen gibt. Dies gilt insbesondere, wenn „naturnah“ geimkert werden soll. In Deutschland sind dies derzeit fast ausschließlich Carnica oder Buckfast. Deshalb habe ich mich für die „Carnica“ und nicht für die „Ligustica“ entschieden und die meisten meiner Nachzuchtköniginnen werden auf einer Belegstelle begattet (insbesondere wegen der negativen „Stecher“-Erfahrungen bei den Standbegattungen).

Wenn ich mich für eine andere Rasse entscheide, dann sollte ich mich strickt an Festlegungen zu Sperrbezirken (rund um Belegstellen) halten und möglichst auch die Randgebiete dieser Sperrbezirke meiden, da diese meist nur minimal (zu klein) festgelegt sind.


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